Süderhöfter - Eine Reise
Von Rindviechern und Kesselflickern
von Kai Blasberg
Die Idee
Der Wecker ging schon um 5.30 Uhr an diesem Mittwochmorgen.
Wir trinken immer gerne noch in Ruhe ein halbes Stündchen im Bett die erste Tasse Kaffee, und lassen uns dafür auch gerne früh wecken.
Nichts ist schlimmer, als den Tag hektisch zu beginnen.
Und erst recht nicht diesen Tag.
DEN Tag der Tage der an Ereignissen so raren Zeit des letzten Jahres.
Ziemlich genau vor einem Jahr, im Zeichen des ersten Lockdown, begann diese besondere Reise.
Wir hatten uns anderthalb Jahre zuvor entschieden, unsere Zukunft in Nordfriesland zu erleben. So rein perspektivisch.
Damals, im Sommer 2018, als sich die Menschen die Hand gaben zur Begrüßung und etwas bessere Bekannte sich sogar umarmten.
Lange ist das her.
Wir wohnten damals in Schwabing. Allerbeste Lage, Dachterrasse und so.
Der ehemalige Bauernhof in Nordfriesland ist ja ein ähnliches Klischee.
Nur andere Seite Deutschland, andere Art Leben.
Wir folgten unserem Instinkt.
Nichts sprach für diese Handlung.
Kein ganz schlechter Grund, es genau dann zu tun.
Zwischenzeitlich zogen wir noch aufs Land in Bayern, weil unsere Hündin, nachdem sie ein paar Wochen Landleben in Schleswig Holstein genossen hatte, mit Schwabing nun so gar nichts mehr anfangen konnte.
Ich glaube, eine Stadt stinkt enorm für Hunde.
Das aber ist eine ganz andere Geschichte.
Hier im Bayernland, genauer im Norden des Tegernsee, ereilte uns die Pandemie.
Wir hatten also 50 mal 24 Stunden zusammen Zeit.
Was wir aber erst nach den 50 Tagen wussten!
Wir erinnern uns: anfangs dachten wir alle, das ginge schnell vorbei und bald wäre wieder alles normal. Maximal ein paar Wochen.
In diesen 50 Tagen entstand Suederhoefter.de.
Die Geschichte
Also Süderhöft.
Dieser ganz besondere Ort irgendwo im Nichts zwischen den Meeren, genauer zwischen Eckernförde und Husum, wo man der Legende nach schon beim Frühstück sieht, wer zum Mittagessen zu Besuch kommt.
Hier hatten wir diese wunderbaren Mitmenschen kennengelernt die uns so wunderbar und unerwartet begrüßt hatten.
Nach vielen Jahren in der Hauptstadt mit Herz meist in hippsten Hipstervierteln kannten wir von den Hausbewohnern meist nur von zwei, drei Leutchen vielleicht die Vornamen, hier oben begrüßte uns unbekannterweise gleich ein ganzes Dorf mit Girlanden und Schriftzügen und vier Generationen und sehr, sehr freundlicher Neugierde.
Und da ich kaum etwas Gutes sehen kann ohne eine Anschlussidee zu haben und wir so arg viel Zeit hatten im Norden des Tegernsees und Süderhöft so geil klingt und echte Markenqualität hat, alles hier so schön ist und meine Frau nerdig und ich metaebenenverliebt, war eigentlich klar, dass das nur toll werden kann.
Und da man hinterher immer alles als superklar, superschön, supereasy darstellen kann, will ich es hier mal dabei belassen.
Aber im Ernst: wir haben uns gekloppt wie die Kesselflicker.
Denn merke: wenn‘s leicht aussieht, ist‘s besonders schwer.
Erst wenn Du die Anstrengung nicht siehst, ist es Kunst. Hüstel.
Wir wussten: wir müssen nicht lügen.
Hier oben ist es so wie sich der Internetauftritt anfühlt.
Der Bauer ist so wie beschrieben.
Die Landschaft von scheußlich bis zauberhaft.
Die Rinder enorm rindisch und lieb und wunderbar.
Von eigener Hand gefüttert und von der Natur verwöhnt.
Das Gründen eines Unternehmens ist für einen verwöhnten Manager wie mich nicht so leicht, wie man vielleicht denkt.
Ich hatte immer das Privileg, mich ganz meinen Stärken widmen zu können.
Jemand der den Rest macht fand sich immer.
Dieser Zacken musste schnell aus der Krone.
Und außerdem findet das Leben nicht im Konjunktiv statt und es war schnell klar, dass wenn man etwas denken kann, wenn man etwas fühlen kann, dann kann man es auch tun.
Hinzu kam, dass wir beschenkt sind mit einem tollen Partner, der das Handwerk der Fleischproduktion mit Schwerpunkt Hand und Werk allerbestens beherrscht.
Wenn dann alle Sinne geschärft sind kommt es im Leben zu Zu-fällen.
Denn der reine Zufall findet nur statt, wenn man eine Position, einen Standort hat.
Da wo Du stehst, kann auch etwas zufallen.
Vor die Füße geradezu.
Denn wenn Du genau weißt, was Du vor hast, sieht die Welt ganz anders aus.
Man sieht nur Schwangere, wenn die eigene Frau es ist.
Und so war es klar, dass „easy2cool“ unser Partner ist, als ich einen Beitrag über diese Firma aus dem Fränkischen im ZDF in der Sendung „Plan B“ sah.
Und wegen der besonderen Dienstleistung garantiert über Nacht zuzustellen entschieden wir uns früh in Sorge um die Frischekette für „GO!“ in Hamburg, auch, weil Viele aus der Branche voll des Lobes mit ihnen arbeiteten.
Die Tat
Trotzdem ist all das aber natürlich ein riesen Wagnis, ein fettes Abenteuer.
Halten die Kühlakkus?
Ist das Rind wirklich das Beste, das es gab?
Schafft GO! es wirklich so schnell überall hin? Deutschland ist groß.
Halten die Kartons, läuft was aus, sieht das noch gut aus, wenn es ankommt?
Ist es nicht zu teuer, zu billig, zu schwer?
Lohnt sich das? Verkauft sich das? Was, wenn wir ausverkauft sind?
Können wir schon den nächsten Termin anbieten?
Schließlich greifen wir in die Schöpfung ein;
noch dazu ist so ein Tier ziemlich blöde aufgeteilt:
Dass, was alle haben wollen (Filet), gibt es ganz wenig.
Dass, was es ganz viel gibt (Hack), ist nicht so interessant.
Oder unbekannt (Osso Bucco);
oder vergessen (Braten).
Hat man zu viel verkauft, muss ein zweites Tier her.
Das wiederum muss mindestens!!! 14 Tage ablagern, damit es so gut ist, wie wir es anbieten wollen.
Es gäbe noch so viel von Ängsten, Sorgen, Bedenken, Sollbruchstellen und anderen Katastrophenszenarien zu berichten:
Es ist aber nichts gegen das Triumphgefühl, wenn der Transporter vor die Halle fährt und Du weißt, Du hast alles getan, dass es gut wird.
Und es wurde gut.
Ihr wart voll des Lobes, echten Lobes, das uns sehr gefreut hat.
Zu zeigen, dass es geht, dass gute landwirtschaftliche Arbeit mit wundervollen Tieren in der freien Natur anerkannt und besonders beachtet wird, dass Du, der Verbraucher nicht nur tolle Produkte sondern gleich eine wahre Geschichte mitauspackst, dass Vertrauen und Hingabe und ganz viel sinnreiche Arbeit wieder belohnt werden, bildet einen neuen Kreislauf, in dem die Zukunft ein Stückchen besser sein wird.
Die Deutschen essen weniger Fleisch.
Das ist gut.
Denn sie essen viel zu viel. Auch viel zu viel Fleisch.
Wir arbeiten gemeinsam daran, dass sie nicht nur weniger, sondern das weniger auch besser sein wird. Wir können liefern. Ihr wollt es haben.
Und so schreiben ich nebenbei für TELE 5 gleich die nächste Gesichte: Wenig ist besser.
Wir haben das erste Steinchen ins Wasser geworfen.
Und freuen uns an den ersten Wellen.
Wir werden gemeinsam größere Steine benutzen und mehr Wellen erzeugen.
Die nächsten zehn Jahre werden besser als die letzten zehn Jahre.
Ein bisschen was könne wir alle tun.
Für Mensch, Tier, Klima, Umwelt, Seelen und unser Zufriendenheitsgefühl.
Friede und Gefühl. Das wär doch was!
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